Gemeinde Raitenbuch setzt ökologisches Leuchtturmprojekt um

drei Menschen vor Totholzhaufen

Am Anfang stand eine notwendige Verkehrssicherungsmaßnahme, zum Schutz der Kreisstraße. Am Schluss entstand eine einzigartige, überregionale Vorzeigefläche im Gemeindewald, in Kooperation mit vielen Partnern.

Im Rahmen eines Verkehrssicherungsbegangs stellte der, für den Gemeindewald Raitenbuch, zuständige Förster einen Handlungsbedarf fest. Um die Kreisstraße zwischen Reuth am Wald und Bechthal vor umstürzenden oder abbrechenden Bäumen zu schützen war es nötig im Herbst/Winter 2021 etliche Bäume zu fällen.

Da es sich beim dem Waldstreifen nicht um einen der weit verbreiteten Nadelholzwälder, sondern um einen eher seltenen Buchen-Eichenwald handelt, war hier zusätzlich Vorsicht geboten. Forstrevierleiter Manuel Ludewig, vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), informierte deswegen weitere Partner und Partnerinnen, um das Vorgehen zu besprechen.

Nach Lösungen gesucht

Bei einem Vor-Ort-Termin mit der Höheren Naturschutzbehörde (Regierung von Mittelfranken) und der Fachstelle Waldnaturschutz (Bayerischen Forstverwaltung) wurde die Durchführung der Verkehrssicherungsmaßnahme und das weitere Vorgehen, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, diskutiert und nach einer Lösung gesucht.
Ziel war es die notwendige Verkehrssicherung herzustellen und durch diesen Eingriff gleichzeitig die Vorbildfunktion der Gemeinde zu stärken. Nach Absprache mit dem Ersten Bürgermeister Joachim Wegerer und der zweiten Bürgermeisterin Gabriele Stark war die Richtung klar. Unter dem Begriff multifunktionale, nachhaltige Waldbewirtschaftung sollten möglichst viele Waldfunktionen erfüllt werden und alle Interessensgruppen bedient werden.
Nach Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung für die Baumfällung, durch die Regierung von Mittelfranken, und der Einholung einer verkehrsrechtlichen Anordnung ging es dann an die Durchführung. Die Straße wurde von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Kreisbauhofs gesperrt und der Forstunternehmer Jürgen Schmidt, aus Raitenbuch, fällte die technisch anspruchsvollen Bäume. Um eine Gefährdung für Fledermäuse auszuschließen überwachte Markus Bachmann, Büro für Artenschutzgutachten, die Arbeiten und gab nebenbei wertvolle Tipps für die weitere Entwicklung des Waldstücks.
Nach erfolgreichem Abschluss der Baumfällung begann nun im Jahr 2022 die spannendste Phase des Projekts. Der Anspruch für Förster und Gemeinde war kein geringerer als die verschiedenen Interessen Bauholz, Brennholz und die biologische Vielfalt gleichermaßen zu bedienen. Dieser Kompromiss, der modernen Waldbewirtschaftung, sorgte nicht ganz unerwartet für heftige Diskussionen in der Bevölkerung.
Im Endeffekt konnten dann unter dem Überbegriff „Holz der kurzen Wege“ die örtlichen Bauholzkäufer, wie eine Schreinerei bedient werden. Aber auch die Brennholzselbstwerber bekamen gutes Laubbrennholz mit geringer Transportentfernung.

Biologische Vielfalt wichtig

Ein besonderes Anliegen, bei diesem Projekt, war die biologische Vielfalt. Manuel Ludewig (Bayerische Forstverwaltung, AELF) über das Waldstück: „Die Gemeinde Raitenbuch besitzt ein außergewöhnliches Waldstück, das durch wenige Maßnahmen noch struktur- und artenreicher gestaltet werden kann.“ Umgesetzt wurde dieser Teil einerseits durch das Liegenlassen von Totholz. Dicke und dünne Stämme, liegende Baumkronen, verschiedene Baumarten, beschattet und besonnt. Andererseits durch die Auflockerung des Waldrandes. Hier sind geschlossene Bereiche im Wechsel mit aufgelockerten, buchtigen Säumen entstanden, aber auch alte Eichen, die nun einzeln stehen und zuvor eingeklemmt waren. Durch das Aufhängen von Vogelnist- und Fledermauskästen, an Flugschneisen, konnten weiten Strukturen geschaffen werden.
Diese enorme Vielfalt ermöglicht es nun zahlreichen Tier-, Insekten und Pflanzenarten einen neuen Lebensraum zu finden und sich weiter auszubreiten. Von Totholz geht in der Regel auch keine Gefahr für die Gesundheit der Wälder aus, vielmehr ist es Wohnstätte verschiedener Arten, die helfen Massenvermehrungen von schädlichen Insekten zu vermindern. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch das Wasserspeichervermögen von Totholz in trockenen Zeiten.
Abgeschlossen wurde das Großprojekt, auf den knapp vier Hektar Wald, im Frühjahr 2023 mit der Beantragung einer Förderung über das Vertragsnaturschutzprogramm Wald. Hier rechnet die Gemeinde mit einer Förderung für das liegende Totholz und etlichen weiteren Bäumen, die beispielsweise Spechthöhlen aufweisen. Förster Ludewig: „Durch diese anspruchsvolle Maßnahme ist es gelungen die Verkehrssicherung, die Nachfrage nach Holz und die Verbesserung der biologischen Vielfalt zu realisieren. Gleichzeitig konnte die Gemeinde durch den Holzverkauf und die ausstehende Förderung eine gute Einnahme erzielen.“