Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich vordergründig mit folgenden Fragen:
- Wie verhält sich die Trockenstressreaktion der Zerreiche im Vergleich zur Traubeneiche?
- Hypothese: Es gibt keinen Unterschied zwischen der Trockenstressreaktion von Zerr- und Traubeneiche.
- Gibt es einen Unterschied in der Wachstumsreaktion zwischen den einzelnen betrachteten Trockenjahren? (Memory-Effekt)
- Hypothese: Es gibt keinen Unterschied in der Wachstumsreaktion zwischen den betrachteten Trockenjahren.
- Von welchen Variablen hängt die Trockenheitstoleranz der Zerreiche ab?
- Gibt es Unterschiede im Zuwachsniveau von Zerr- und Traubeneiche?
- Hypothese: Es gibt keinen Unterschied im Zuwachsniveau zwischen den beiden Baumarten.
Der untersuchte Bestand bei Greding weist folgende relevante Bestandesdaten auf:
- Fläche: 0,5 Hektar
- Alter: 30-50 Jahre
- Mittelhöhe: 19,4 Meter
- Mittlere BHD: 29,9 cm
- Anzahl Proben: 15 Stück
Jahrringanalysen
Kernstück der Beprobungen bildete […] die Entnahme von Bohrkernen. Pro Baum wurden in 1,3 m Höhe vom Stammfuß zwei Proben entnommen, jeweils im Norden und Osten. Dies sollte gewährleisten, dass bei einer gewissen Ovalität des beprobten Stammes keine Überschatzung des Zuwachses stattfindet. Es wurde darauf Wert gelegt, einen möglichst intakten Bohrkern zu extrahieren, der bis zur Markröhre des Stammes reicht. Somit konnte sichergestellt werden, dass der Jahrringverlauf möglichst lang zurückverfolgt werden kann.
Um zusätzlich die Durchmesser der Bäume in die Analyse miteinzubeziehen, wurde der jährliche Grundflächenzuwachs berechnet. Hierbei wurde annäherungsweise eine kreisförmige Grundflache des Baumes unterstellt. Somit konnte, da aufgrund der Jahrringbohrungen für jedes Jahr ein zugehöriger Radius ermittelt werden konnte, unter Anwendung der Kreisformel für jedes Jahr eine zugehörige Grundfläche ermittelt werden.
Trockenstressindizes
Um die Reaktion der Bäume auf die Trockenjahre mess- und vergleichbar zu machen, wurden für jeden Baum aus den Grundflächenzuwachsdaten pro Jahr Trockenstressindizes berechnet. Dabei werden die Zuwachsdaten des betrachteten Trockenjahres in ein Verhältnis mit dem vorausgehenden oder nachfolgendenden Zeitraum gesetzt. Für die vorliegenden Untersuchungen wurden, um Wechselwirkungen mit anderen Trockenperioden oder Zeitraumen mit Zuwachseinbrüchen zu vermeiden, die drei dem Trockenjahr vorausgehenden und nachfolgenden Jahre betrachtet.
Modellierung der Daten
Um das Trockenstressverhalten der Zerreiche in Abhängigkeit von Standortsparametern zu beschreiben, wurden ein gemischtes lineares Modell erstellt. Diese Art von Modell wurde gewählt, da die Daten nicht unabhängig voneinander sind, sondern sogar eine zweifache Abhängigkeit vorliegt. Zum einen, dass die Daten auf mehrere Bestände aufgeteilt sind, zum anderen, dass durch die Entnahme von Bohrkernproben die Betrachtung mehrerer Trockenjahre an ein und demselben Baum zusätzlich Abhängigkeiten schafft.
Trockenheitstoleranz
Die Hypothese gleicher Mediane für die resistance-Werte der Zerreichen und Traubeneichen im Hinblick auf die Gesamtheit der betrachteten Trockenjahre konnte abgelehnt werden. Die resistance- Werte sind signifikant niedriger sind als die der Traubeneichen, die Zerreichen erleiden also im Zuge eines Trockenjahres einen größeren Zuwachseinbruch als die Traubeneichen.
Unterschiede der Zuwachsreaktion bei Trockenjahren
Um zu überprüfen, ob sich die Intensität von Zuwachseinbrüchen durch Trockenjahre nach mehrmaligem Auftreten verstärkt, wurden die Trockenjahre 1964, 1976 und 2015 […] miteinander verglichen. Bezogen auf die zuvor aufgestellte Forschungsfrage ist […] hinsichtlich der Resistenz keine Tendenz zu erkennen, dass die untersuchten Zerreichen umso stärker unter Trockenjahren leiden, je häufiger sie auftreten. Was die Resilienz der Bäume betrifft, sind ebenfalls keine eindeutigen Anzeichen dafür zu erkennen, dass sie abnimmt, je häufiger die Bäume von Trockenstress betroffen sind.
Von welchen Variablen ist die Trockenheitstoleranz der Zerreiche abhängig?
Um das Trockenstressverhalten der untersuchten Zerreichen weiter zu analysieren, wurden gemischte lineare Modelle mit verschiedenen Koeffizienten erstellt. […] Während sehr trockener Jahre mussten durchmesserstarke Bäume geringere Zuwachseinbrüche hinnehmen. Bei Trockenjahren von geringerer Intensität […] haben Bäume mit hohem Durchmesser geringere resistance-Werte als schwächere Bäume. Bei Trockenjahren von mittlerer Intensität […] steigen ebenfalls die resistance-Werte mit steigendem Durchmesser. Allerdings ist der Zusammenhang geringer als bei Trockenjahren von größerer Intensität.
[Dies lässt sich] auf die Fähigkeit [der Zerreiche] zurückführen, nach einem Trockenjahr den damit verbundenen Zuwachseinbruch wieder ausgleichen zu können.
Es wurde ersichtlich, dass der Durchmesser keinen signifikanten Einfluss auf den Wert der resilience hat. Allerdings ist von einem hochsignifikanten Einfluss des Bodenfeuchtewertes auf den Wert der resilience auszugehen.
Um zu beleuchten, wie stark der Zuwachs von Zerreiche und Traubeneiche pro Jahr mit dem Wasserhaushalt des Bodens zusammenhängt, wurde eine Korrelation der Grundflächenzuwachsdaten mit dem Verlauf des seit 1951 vorliegenden Daten berechnet. So lassen sich auch Aussagen über die Sensitivität der Baumarten hinsichtlich auftretender Trockenperioden treffen. Außerdem sollte verglichen werden, ob und inwieweit sich dahingehend Zerr- und Traubeneiche unterscheiden.
Es fällt auf, dass die Korrelation bei der Zerreiche durchweg höher ist als bei der Traubeneiche. Die Traubeneichen […] weisen sogar keine nennenswerten Zusammenhänge zwischen Bodenfeuchtigkeit und Zuwachs auf. Somit kann nachgewiesen werden, dass […] die Wasserversorgung eines Standortes den jährlichen Zuwachs der Zerreiche stärker beeinflusst als den der Traubeneiche.
Wie verhält sich der Zuwachs der Zerreiche im Vergleich zur Traubeneiche?
Verfolgt man den Zuwachsgang der beiden Baumarten, fällt auf, dass der Zuwachs sich in den ersten 40-60 Jahren des Bestandesalters in etwa auf dem gleichen Niveau befindet. Teils liegt der Zuwachs der Traubeneiche […] sogar geringfügig über dem der Zerreiche. Ab einem Bestandesalter von ca. 60 Jahren ist jedoch zu erkennen, dass die Zerreichen aller vier betrachteten Standorte einen erheblich höheren Grundflächenzuwachs als die Traubeneichen aufweisen.
Unterschiede zwischen Zerreiche und Traubeneiche hinsichtlich ihres Trockenstressverhaltens
Abgeleitet aus [den] Ergebnissen lassen sich einige Aussagen hinsichtlich des Trockenstressverhaltens der Zerreiche und dem Unterschied zur Traubeneiche treffen. Zum einen lasst sich die Aussage treffen, dass Einflussfaktoren, die den Niederschlag und die Temperatur betreffenden, eine starke Wirkung auf den Jahreszuwachs und somit auf die Trockenstressreaktion der Zerreiche haben. Zudem scheint auch der Brusthöhendurchmesser einen gewissen Einfluss auszuüben. Als besonders signifikant stellte sich die Wirkung des Niederschlagsangebotes und der Bodenfeuchtewert heraus. Hierbei ist auffällig, dass der Zusammenhang zwischen Niederschlag schwächer ist, je besser die Standorte wasserversorgt sind.
Diese Sensitivität hinsichtlich des Wasserangebotes konnte bei den beprobten Traubeneichen nicht in dem Maße nachgewiesen werden. Schließlich zeigt auch die graphische Darstellung der Trockenstressindizes […] auf, dass der Index resistance, also das Maß, wie stark der Zuwachs während eines Trockenjahres einbricht, bei der Zerreiche signifikant niedriger ist als bei der Traubeneiche. Dies spricht auch dafür, dass die Reaktion der Zerreiche auf Extremjahre sowie allgemein auf Klima und Wetter stärker ausfällt als die der Traubeneiche.
Im Allgemeinen lässt sich die Aussage treffen, dass die Wachstums- und Trockenstressreaktion der Baumart Zerreiche sowohl in Italien als auch in Deutschland eng mit klimatischen Paramatern verknüpft ist und es zu Reaktionen bei Veränderungen dieser Bedingungen kommt. Ähnliches lässt sich weniger über die Traubeneiche behaupten, die zwar auch eine Kopplung an Faktoren wie Niederschlag zeigt, diese aber im Vergleich zu anderen mediterranen Eichenarten weniger stark ausgeprägt ist.
Als Art des mediterranen und submediterranen Raumes mit trocken-heißen Sommern ist die Zerreiche dazu in der Lage, aufgrund phänotypischer sowie physiologischer Anpassungen an diese Gegebenheiten den Wasserverlust über Verdunstung zu vermindern. Die ledrige Blattstruktur, die filzige Behaarung der Blattunterseite und Zweige sowie die die Eichel fast vollständig umgebende Cupula sind Beispiele für eine solche Anpassung.
Darüber hinaus fällt auf, dass die Zerreiche hinsichtlich des Zuwachses der Traubeneiche überlegen ist. Die Grundfläche der Zerreichen liegt, bei gleichem Bestandesalter, bei allen vier betrachteten Standorten deutlich über der der Traubeneichen […], wobei bei drei der vier Bestände die Zerreichen 30% über dem Niveau der Traubeneichen liegen.
In der forstlichen Praxis wäre ein Einsatz der Zerreiche als Ergänzung zu Baumarten wie der Traubeneiche denkbar, mit der sie die meisten waldbaulichen Eigenschaften teilt. Aufgrund der hohen Wurzelenergie wäre sie hierzulande gut geeignet, um trockene Hangstandorte oder schwere Tonböden nach Kalamitäten und Windwurf wieder in Bestockung zu bringen.
Die Zerreiche verträgt auch strenge Fröste bis -20 °C, von einer hohen Spätfrostanfälligkeit ist also nicht auszugehen. Zwar wird die Baumart in England als potenziell invasiv eingestuft, doch ist hierzulande von einem dahingehend geringen Risiko auszugehen.
Das waldbauliche Augenmerk sollte vor allem auf der Funktion der Baumart als Erosionsschutz und ökologischer Beimischung liegen, weniger aber auf der Produktion von Wertholz, da die Holzqualität der Zerreiche, besonders am nördlichen Rand des Verbreitungsgebietes in Mitteleuropa, stark durch Frostrisse gemindert wird.
Auch ist das Holz durch die starke Neigung zum Quellen und Schwinden sowie aufgrund der geringen Haltbarkeit wenig für konstruktive Zwecke geeignet.
Somit ist die Zerreiche in der Lage, als willkommene Abwechslung und Nischenbaumart für Extremstandorte zu dienen. Einen vollwertigen Ersatz stellt sie aufgrund ihrer Klimasensitivität und im Vergleich zu den heimischen Eichenarten minderwertiger Holzqualität nicht dar.